Wie Kinder wachsen und warum ihr Verhalten Wurzeln hat
Es gibt in der Pädagogik verschiedene Modelle bzw. Erklärungen, wie Kinder sind und wie man sie erziehen sollte. In meinem Studium der Erziehungswissenschaften hab ich dazu echt viel gelernt und eine Metapher dabei niemals vergessen, weil ich sie so schön und eindrücklich fand: Für mich sind Kinder wie Pflanzen - sie benötigen unsere Unterstützung, um zu wachsen, wir kümmern uns um die Bewässerung und die passende Umgebung, aber wachsen dürfen unsere Kinder selbstständig und ganz individuell.
Auch im Bezug auf das “Hauen, Kratzen und Beißen” nutze ich gern die Metapher mit der Pflanze: Wir sehen oft nur das, was an der Oberfläche passiert - es wird gehauen, impulsiv auf etwas reagiert, was aber genau dahinter bzw. darunter steckt (also unter der Erdoberfläche) können wir nicht sehen, sondern nur erahnen oder wir müssen vielleicht auch mal ein bisschen buddeln, um es aufdecken zu können.
Ich mag und teile in diesem Zusammenhang unheimlich gern das Zitat “Dein Kind macht kein Drama - es erlebt ein Drama!” von Nora Imlau, das zeigt nämlich noch einmal ziemlich deutlich auf, dass das Verhalten, das das Kind zeigt, nicht immer ein böswilligerAusdruck ist, sondern manchmal auch einfach ein Ausdruck von “Ich weiß gerade auch nichtweiter - hilf mir, bitte!”.
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Typische Situationen, die zu hauen, kratzen und beißen führen können
Bevor ich dir gleich bestmögliche bedürfnisorientierte Wege zeige, wie du deinem Kind in solchen Situationen helfen und es unterstützen kannst, hier noch ein paar typische Situationen, die im Alltag dazu führen können, dass (d)ein Kind haut, kratzt oder beißt:
💥 Überforderung: Durch äußere Reize, wie Lautstärke, Helligkeit oder andere Umstände, die dein Kind verunsichern, kann es sich schnell überfordert fühlen und dann in den Stressmodus verfallen und impulsiv und unüberlegt handeln. Besonders bei Übergängen im Alltag kommt es oft zu Überforderung und dein Kind haut, kratzt oder beißt, weil es mit der Situation in dem Moment nicht anders umgehen kann.
🙇♀️ Frustration: Wenn dein Kind etwas im Kopf hat, was von dir verneint wird, ein Plan sich spontan ändert oder es sich mit einem anderen Kind streitet, führt es auch oft dazu, dass es haut, kratzt oder beißt, da es sich hier bedroht und einer Gefahr ausgesetzt fühlt. Es ist frustriert oder verärgert und hat vielleicht noch keine anderen Strategien erlernt und so handelt es aus dem natürlichen Impuls heraus mit hauen, kratzen oder beißen.
👋 Aufmerksamkeit: Manchmal ist es auch so, dass Kinder einfach die Aufmerksamkeit von Erwachsenen oder anderen Kindern erlangen wollen und das Hauen, Kratzen oder Beißen als Methode für sich entdeckt haben, um diese (wenn auch negative) Aufmerksamkeit zu bekommen. Dieses Verhalten tritt hauptsächlich auf, wenn Kinder sich ungesehen oder ignoriert fühlen.
💔 Unerfüllte Bedürfnisse: Jetzt mal ganz ehrlich, wer kennt es nicht selbst? Die Laune steigt und fällt mit dem Erfüllen von Grundbedürfnissen wie Hunger, Durst und Schlaf. Sobald eines dieser Bedürfnisse nicht gestillt ist, kann es ganz schnell dazu führen, dass dein Kind impulsiv und unüberlegt reagiert.
🧸 Spielverhalten: Besonders bei Kleinkindern kann das Hauen, Kratzen oder Beißen auch einfach Teil des Spiels sein, ohne eine böse Absicht dahinter.
3-Schritte-Plan für den Umgang mit hauen, kratzen, beißen
Schritt 1: Ruhig bleiben
Wenn dein Kind haut, kratzt oder beißt, ist es als erstes wichtig, ruhig zu bleiben. Deine
Reaktion auf das Verhalten kann das Verhalten deines Kindes stark beeinflussen. Als Erstes ist es selbstverständlich immer notwendig, dich und andere Beteiligte zu schützen und ggf. mit dem Kind den Raum bzw. die Situation zu verlassen. Nimm dir dann einen Moment Zeit, um die Situation zu reflektieren und versuche herauszufinden, was genau passiert ist. Denke hier auch daran, dass dein Kind gerade nichts aufnehmen kann und jedes gesprochene Wort gerade nicht ankommt.
Stelle dir folgende Fragen:
- Was hat das Verhalten ausgelöst? Was ist vorher passiert?
- Welche Emotionen oder welches unerfüllte Bedürfnis könnten dahinterstecken?
- Gibt es Muster in den Situationen, in denen dies geschieht?
In dieser ersten Phase ist es wirklich wichtig, bei dir zu sein und nicht das automatische
Bedürfnis nach Klärung zu stillen. Je lauter und aufgeregter du selbst bist, umso länger
dauert es, bis der Kippschalter deines Kindes umgelegt und es wieder in der Lage ist, klar zu denken. Falls du selbst noch keine Strategien hast, wie du in solchen Situationen selbst ruhig bleiben kannst und deinen eigenen Kippschalter umlegen kannst, kann ich dir verschiedene Atemübungen ans Herz legen. Ansonsten hilft es auch immer, sich ganz bewusst auf etwas ganz anderes zu fokussieren und zum Beispiel nach gleichfarbigen Dingen in der Umgebung zu suchen - das kannst du auch gemeinsam laut mit deinem Kind machen und euch beide so erst einmal auf etwas anderes fokussieren.
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